Wie Marvels dunkle Seite entstand Regisseur Joss Whedons Idee einer rauen und düsteren Atmosphäre für „Avengers: Age of Ultron“ setzen die Territory Studios mit Hilfe von Cinema 4D beeindruckend um.
Kaum hatten die Territory Studios unter der Leitung von Studiogründer und Kreativ-Direktor David Sheldon-Hicks die Arbeiten an den Interfacegrafiken für „Guardians of the Galaxy“ abgeschlossen, klingelte das Telefon: Produktionsdesigner Charles Wood und Artdirector Alan Payne wollten das Team gleich für Marvels nächste Big-Budget-Produktion anheuern, „Avengers: Age of Ultron“.
Diesmal sollten sie Joss Whedon bei der Umsetzung seiner künstlerisch-kreativen Vision für den Film unterstützen, der deutlich düsterer werden und dabei auch die menschliche Dimension der Superhelden stärker ausloten sollte. David bekam den Auftrag, jede Figur visuell zu charakterisieren und dabei sowohl ihre Persönlichkeit wie auch ihre Rolle im Film genau widerzuspiegeln.
Zudem wollte Charles Wood, dass die verwendeten Benutzeroberflächen der Bildschirme realistischer wirken sollten: futuristisch, aber mit authentischer Plausibilität. Eine Aufgabe, die das Team zunächst auf Recherchetour in die Gefilde kontemporärer Technologien schickte, wie z. B. der modernen Medizintechnik. Es ist zwar schön, wenn man einen Gestaltungsprozess mit einem weißen Blatt Papier beginnen kann, aber in diesem Fall brachte „Iron Man“ Tony Stark aus anderen Filmen bereits ein etabliertes visuelles Konzept mit, an dem sich die Erwartungen des Publikums an das neue Design orientieren würden.
Trotzdem war das Territory-Team dadurch nicht so stark eingeschränkt, wie man es erwarten würde. David erklärt dazu: „Unsere Aufgabe bestand darin, für die Benutzeroberflächen eine neue Perspektive zu finden, die Joss’ Vorstellungen für den Film unterstreichen würde. So waren wir zwar bei den Charakteren Stark und Banner auf bereits definierten Farbpaletten festgelegt, konnten aber die UIs frei gestalten. Für Tony Stark haben wir uns dabei von neuesten Trends aus Architektur, Luft- und Raumfahrt und Militärtechnologie inspirieren lassen. Aus diesen Anregungen entstand dann eine Reihe von Bildschirmen für das Stark-Laboratorium, die Starks Charakter deutlicher visualisieren. Pflanzliche Zellbiologie und Biotechnologie im Allgemeinen stand Pate bei den Interfaces für Dr. Banner. Auch hier war die Idee, den Hintergrund des Charakters durch ein vielschichtiges, bilderreiches Labordesign zu visualisieren und damit seine Rolle als Biologe zu unterstreichen. Die Figur des Dr. Cho schließlich ist zwar neu im Film, blickt aber auf eine lange Geschichte in der Welt von Marvel zurück. Ihre Bildschirmoberflächen spiegeln ihr Interesse an neuesten Biotechnologien. Hier integrieren wir Referenzen auf zukünftige Technologien, die wir uns aus den Fortschritten bei klinischen Anwendungen im Bereich 3D-gedruckter organische Materie erschlossen haben.“
Am kreativen Prozess waren beide Seiten beteiligt, da die ersten Gespräche zum Design schon stattfanden, als das Script für den Film noch nicht finalisiert war. Dadurch konnte das Territory-Team Anregungen machen, wie die verschiedenen Interfaces im Film am besten zur Verdeutlichung wichtiger Handlungspunkte eingesetzt werden könnten. Darauf überarbeitete das Team die kreative Vision für die Bildsprache der einzelnen Charaktere und Szenenbilder mit Hilfe von Referenzen aus den Kunst-, Kostüm- und den Requisiteabteilungen der Produktion. Für Joss und Charlie war es von wesentlicher Bedeutung, dass die Screens, die das Territory-Team für die Produktion erstellte, den Sets nicht nur visuelle Glaubwürdigkeit verlieh. Sie sollten auch die Avengers-Technologie im realen Leben verankern, damit die Zuschauer sich stärker mit dem Geschehen auf der Leinwand identifizieren können. David führt dazu aus: „Diese Stufe des Realismus war ein neuer Ansatz für das hochstilisierte High-Tech-Marvel-Universum und es war ein echtes Erlebnis, diese beiden Elemente zusammen zu bringen.“
Das im Zuge dieses Projekts auch einige technische Hindernisse gemeistert werden mussten, braucht kaum erwähnt werden. David erinnert sich an die Anforderungen für die neue Figur im Franchise: „Für eine Szene mit Dr. Cho mussten wir bestehende biotechnologische Geräte zur Rekonstruktion und zum 3D-Druck organischem Gewebes untersuchen. Die daraus gewonnenen Einsichten flossen in die Gestaltung der Benutzeroberfläche eines medizinischen Gerätes ein, das im Film zum 3D-Druck von Haut und Gewebe verwendet wird. Mit 3D-Bildschirmen, die am Set holografisch wirken, war es eine echte Herausforderung die richtige Tiefenwirkung zu erzielen. Wenn man hört, dass der Bildschirm im Hintergrund der Szene platziert ist gerät man in Versuchung, es bei diesem Screen nicht so genau zu nehmen. Aber seit der Arbeit mit Ridley Scott wissen wir, wie wichtig es ist, immer die beste Qualität abzuliefern und so dem Regisseur alle erzählerischen Freiheiten zu lassen, auch die einer Nahaufnahme.
Marti Romances, Artdirector bei Territory, war für die Bildschirme von Iron Man zuständig und arbeitete dafür mit Cinema 4D. „Ich hatte wenig Zeit für das Rendern der Iron Man Screens, deshalb habe ich viele einfache und schnelle Passes in Cinema 4D gerendert. Damit hatte ich die Möglichkeit, die Passes in After Effects schnell ändern und mit ihnen experimentieren zu können, bis die Verantwortlichen zufrieden waren. Funktionen wie das Compositing Tag und der Hair- und Cel-Renderer waren für diese Arbeitsweise mit ihrem schnellen Durchsatz sehr hilfreich.“
Eine weitere technische Herausforderung war es, die hochaufgelösten Modelle, die das Team von anderen VFX-Zulieferern erhielt, in den Workflow zu integrieren. Ein sehr detailliertes „Iron Man“-Modell von ILM wurde mit Polygonreduktion bearbeitet und an die Bedürfnisse der Territory-Pipeline angepasst. Peter Eszenyi, Leiter des 3D-Departments bei Territory, hatte bei der Gestaltung der Screens für das Leviathan-Raumschiff aus „Prometheus“ ähnliche Probleme zu meistern. Peter beschreibt den Vorgang wie folgt: „Von einem sehr feinteiligen Modell, das wir von einem der anderen Studios erhielten, entfernten wir zunächst die Teile, die zu detailliert waren, und das Mesh so umorganisiert, dass man vernünftig damit arbeiten konnte. Schließlich wurde das resultierende Mesh als X-Particle-Emitter definiert und eine Reihe weiterer Emitter um es herum platziert. Für andere Durchgänge wurde das Mesh als Kollisionsobjekt definiert, das dann in verschiedenen Setups zusammen mit Turbulenzen, Wind und Oberflächenmodifikatoren verwendet wurde.“
David stellt den kreativen Umsetzungsprozess betreffend fest: „Wir finden uns oft genug in der Situation wieder, ein 3D-Hologramm ausarbeiten zu müssen. Dabei kommen regelmäßig Thinking Particles, MoGraph und Sketch and Toon zum Einsatz. Einfache Wireframe-Darstellungen findet das Team langweilig und wir suchen deshalb immer wieder neue Wege, Dinge zu visualisieren, zu finden und auszuprobieren. Insbesondere MoGraph ist aus diesem Prozess nicht mehr wegzudenken!“
Für die Bildschirme des Leviathan benutzte Peter Eszenyi ebenfalls Sketch and Toon: „Als wir anfingen herumzuexperimentieren, machten wir Versuche mit verschiedenen Farbeinstellungen. Wir versuchten wir, die Strichstärke der Konturen durch die Stärke von Licht und Schatten zu beeinflussen, einem ausgezeichneten, aber wenig bekanntem Feature von Sketch and Toon. Wir haben so viele Versuche gemacht, wie es die zur Verfügung stehende Zeit zuließ. Nachdem wir alles in Passes gerendert hatten, legten wir auch noch probehalber einige eher traditionelle Passes wie Schatten und AO darüber. Schließlich folgten noch einige Experimente mit unterschiedlichen Tesselierungen und Texturprojektionen. In After Effects führten wir die verschiedenen Elemente schließlich zusammen und verfeinerten sie weiter. Am Ende dieser Versuchsphase stand schließlich ein Workflow, der es möglich machte, nach nur kurzer Einarbeitung die unterschiedlichsten Inhalte im gleichen grafischen Stil zu erzeugen.“
In früheren Projekten wie ‘Guardians of the Galaxy’ und Ridley Scotts ‘Prometheus’ hat Territory mit richtigen Bildschirmen am Set gearbeitet. Nur wenn das für die jeweiligen Erfordernisse zu unpraktisch war, wurden die Effekte nachträglich einkopiert. Diese Erfahrung kam dem Team bei „Avengers: Age of Ultron“ enorm zugute, denn bei den über 200 Bildschirmen auf elf Sets handelte es sich zum größten Teil um echte Requisiten, nur einige wenige Bildschirme wurden als VFX-Aufnahmen geliefert. Das bedeutete, dass die Schauspieler mit realen Bildschirmen agierten, die es ihnen leichter machten, ihren Blick auf die richtigen Stellen zu fokussieren. Wie bei solchen Projekten fast schon üblich, gab es auch hier Änderungen im letzten Augenblick, mitunter Minuten vor Drehbeginn. David erklärt, wie so etwas überhaupt möglich ist: „Schnelligkeit ist essenziell für unsere Projekte. Mit Cinema 4Ds schnellem Rendering, ,der nahtlosen Anbindung an After Effekts und den sehr benutzerfreundlichen prozeduralen Animationsmöglichkeiten in MoGraph können wir hochkomplexe Modelle entwerfen und auch noch in letzter Minute Änderungen vornehmen.“
Für das Projekt hatte Territory elf Monate lang permanent sechs Artists im Einsatz, in Spitzenzeiten sogar bis zu zehn. In dieser Zeit wurden für den Marvel-Blockbuster mehr als 80 Minuten Animationen in 2K Auflösung gerendert.
All images courtesy of Territory Studio, Marvel Studio.
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