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Gefährliche Maschinerie In Michael Marczewskis Projekt ‚Vicious Cycle‘ werden Roboter mittels Cinema 4Ds Rigid Body Funktion und der Dynamics Engine nach allen Regeln der Kunst malträtiert und zerlegt!

Wir sehen einige Roboter, die fröhlich verschiedenen sich ständig wiederholenden Aufgaben nachgehen und in immer wiederkehrendem Intervall präzise Handlungen ausführen. Doch dann beginnen die Intervalle der Systeme schneller zu werden, was die Maschinen bis an die Grenzen ihrer Möglichkeiten fordert und mit schauerlichen Konsequenzen schließlich darüber hinausgeht!

Vicious Cycle ist ein persönliches Projekt des Regisseurs Michael Marczewski, der hauptberuflich als Motion Designer für ManvsMachine in London arbeitet. Das Studio zeichnet sich unter anderem für die Produktion des atemberaubenden Projektes „Versus“ verantwortlich, das von MAXON anlässlich des Release von Cinema 4D R18 in Auftrag gegeben wurde. „Vicious Cycle“ stellte er im Laufe eines Jahres in seiner Freizeit selbst zusammen und wurde für die Mühen mit der Auszeichnung „Vimeo Staff Pick“ belohnt. Außerdem wurde der Film zu verschiedenen Film Festivals eingereicht.

“Komplizierte integrierte Mechanismen haben mich schon immer fasziniert”, sagt Michael, “also fing ich an, selbst ein paar davon zu entwerfen und in Cinema 4D in Szene zu setzen. Die Idee, diese Mechanismen mit Robotern in Zusammenhang zu bringen, hatte ich im Anschluss und von da an entwickelte sich fast Alles von alleine. Die ursprüngliche Idee war es, eine fiktive Videoanleitung zu produzieren, in der die Roboter verschiedene Handlungen demonstrieren, bis schließlich alles Mögliche schief geht. Ich dachte die Fehlfunktionen bieten Gelegenheit zu einer Menge komödiantischer Momente im Film.“

Das erstaunliche an Vicious Cycle ist, dass es mit einigen wenigen Keyframes auskommt und außerdem nicht eine einzige IK Rig verwendet wurde. Stattdessen verließ sich Marczewski gänzlich auf Cinema 4Ds Rigid Body Dynamics: „Ich habe die Mechanismen so entworfen, dass sie zwar einfach sind, aber trotzdem interessant aussehen und sehr effektiv sind. Dann habe ich die Szenen aufgebaut, ein paar Keyframes da und dort hinzugefügt und schließlich den Dynamics freien Lauf gelassen.“

80% der Bewegungen sind Dynamiken, doch Michael gibt zu, dass an einigen Stellen per Hand animiert werden musste, oder die Dynamiken gebacken und die Keyframes angepasst werden mussten, um die gewünschten Bewegungen zu erzielen. Außerdem hat er mit Schnitten zwischen den mit Dynamics animierten Teilen und den handanimierten umgeschaltet.

Marczewski hatte klare Vorstellungen davon, welche Bewegungen die Roboter ausführen sollten und skizzierte zunächst grob, wie jeder Mechanismus arbeitet. „Der Trick bestand darin, die beiden Dinge miteinander zu verknüpfen und das erfolgte über eine Menge Versuche im Trial-and-Error-Verfahren. Jede Szene erforderte eine leicht geänderte Herangehensweise, um sicher zu stellen, dass die Bewegungen letztendlich flüssig, gleichmäßig und natürlich wirken.“

Ein typischer Aufbau ist zum Beispiel ein mit Keyframes versehenes Objekt wie ein rotierender Zylinder, der durch ein Collider Body Tag als Motor angetrieben wird. Oft wurde aber auch einfach ein animiertes Objekt als Motor verwendet und viele der Setups setzen wiederkehrende Keyframes ein, was es erleichtert, den Überblick über die Animation zu behalten. Mit verschiedenen Konnektoren wurden die Einzelteile dann miteinander verbunden. „Der einfachste Aufbau war der winkende Roboter im Intro“, sagt Michael, „und die Baseball Szene der aufwändigste.“

Der Film beginnt mit einfachen Aktivitäten und man sieht einen Roboter der in endloser Manier, ganz der Sisyphos, Batterien hält und auf einem endlosen Förderband läuft. Der Roboter ist an Schultern, Ellenbogen und Handgelenken mit Federn versehen, so dass er in der Lage war seine Ladungen zu tragen. Obwohl nur seine Beine angetrieben werden, bleibt der Roboter verdächtig aufrecht. „Der Torso wurde mit einem Connector und einer mit dem Boden verbundenen Feder aufrecht gehalten. Das sah zwar etwas seltsam aus, hat aber funktioniert. Im Rückblick bin ich aber der Meinung ich hätte lieber einen sichtbaren vertikalen Stab zur Hüfte verwenden sollen“, erinnert sich Marczewski.

In der nächsten Szene fängt ein Roboter Teller mit Sushi auf und stellt sie auf einem Förderband in Form eines Karussells ab, was durchgängig mit Dynamics realisiert wurde. Die Sushi-Schüsseln, die aus der Röhre kommen und eine nach der anderen auf dem Band landen, sind die einzigen animierten Objekte in dieser Szene. „Es war leider zu aufwändig, den Mechanismus so einzustellen, dass er immer dann eine Sushi Schüssel fallen lässt, wenn gerade ein Tablet darunter steht. Hätte ich mehr Zeit gehabt, wäre es allerdings durchaus möglich gewesen!“

Das erste Mal richtig tricksen musste Marczewski in dem Teil, in dem ein Roboter eine Kettensäge dazu verwendet, einen endlosen Holzstamm in Teile zu zerlegen. Während das Schwert durch den Stamm sägt, wird der Einschnitt mit einem Boolschen-Objekt erzeugt. Ist das Stück dann abgeschnitten, wird es dynamisch gemacht, so dass es herunterfallen kann. Auch in der Szene, in der Roboter Baseballs schlagen und fangen, musste Marczewski tricksen. Obwohl Cinema 4D Aerodynamik unterstützt und über Wind-Objekte verfügt, war es nicht wirklich möglich, die Bälle durch den Luftdruck in der Schwebe zu halten. „Ich musste hier mit manueller Animation eingreifen, um dafür zu sorgen, dass die Flugbahn auch tatsächlich in der Hand des Fängers endet. Sobald der Ball gefangen ist, sorgt ein Keyframe dafür, dass der Ball korrektes Timing und Bahn beibehält. Auch die Bewegungen des Körpers des Fängers sind Keyframe Animationen“, erklärt Marczewski, „alles andere in dieser Szene wird jedoch durch Dynamics getrieben: Die Bälle in der Bahn, der Rückhaltemechanismus, der Mechanismus mit dem neue Bälle fallen gelassen werdenfrei und der Mechanismus der zusätzliche Bälle freischaltet sowie der Schwing-Mechanismus des Schlägers. Wegen der Schiene für die Bälle war diese Szene eine wirkliche Herausforderung: Eine Kettenreaktion, in der das Eine zum Anderen führt und so voneinander abhängt.“

Das natürliche Aussehen der Bewegungen der Roboter mit all dem subtilen Zittern und Vibrieren kam hauptsächlich durch die Dynamics zustande: „Ich habe Federobjekte und Konnektoren verwendet. Für Winkel, Stärke und Dämpfung musste ich die passenden Werte jedoch durch ausprobieren eruieren.“ Um die Dynamiken richtig hinzubekommen arbeitete Marczewski immer mit Setups in Dimensionen, die der realen Welt angepasst waren, als wären die Setups jeweils Miniaturen die man auf den Tisch stellen könnte. Dann stellte er die Parameter für den ‚Solver‘ auf 15 Zwischenschritte und die maximale Einstellung für ‚Solver Variationen‘ etwas darüber.

Der Arbeitstakt der Automaten wird im Verlauf der Animation immer schneller, bis sie das Tempo schließlich nicht mehr halten können und die wiederkehrenden Iterationen der Bewegung abrupt und mit schauerlichen Konsequenzen unterbrochen werden: Gliedmaßen werden abgerissen, Torsi werden aufgebrochen, Köpfe abgetrennt. Die Spritzer des ‚Roboterblutes‘ wurden mit einem kleinen Partikel-Emitter bewerkstelligt, der kleine Würfel ausstößt, erklärt Marczewski. „Manchmal musste ich aber auch einen Cloner als Emitter verwenden und habe dann einfach die Anzahl der Klone in einem Keyframe festgehalten. Darauf wurde ein Dynamik Tag angewendet dessen Einstellung für die Startgeschwindigkeit für das Herausspritzen sorgte.“

Der Roboter, der die Spitzhacke schwingt, war eine der größten Herausforderungen. Bei einem Schlag der Hacke löst sich ein Felsbrocken und fliegt dem anderen Roboter an den Kopf. Der betäubte Roboter dreht sich um seine eigene Achse, fällt um und landet auf dem Felsen, den der andere Roboter mit der Hacke bearbeitet, gerade bevor der nächste Schlag der Hacke erfolgt. „Das alles mit Dynamics machen zu wollen wäre ein kompletter Alptraum gewesen“, sagt Marczewski, „Ich konnte den zweiten Roboter nicht dazu bekommen, so auf dem Felsen zu landen wie ich das wollte. Schließlich habe ich zwei Versionen der Szene erstellt und die endgültige Sequenz aus den beiden Szenen zusammengeschnitten. Im fertigen Film sieht alles sehr nahtlos aus, hoffentlich!“

Beim Modeling und Rendering wurden Körper, Arme und Beine mit UVs versehen und schließlich eine Textur in Photoshop erstellt um alle Details wie z.B. die abgenutzten Ecken darzustellen. Jede Szene erhielt dann ein klassisches Dreipunkt Beleuchtungssetup mit Hauptlicht, Aufhell-Licht und Randlicht. Es gab aber auch Szenen wie z. B. das Baseball Setup, das um einiges komplexer war, da es mehrere Punkte hatte, die von Interesse waren. In solchen Fällen wurden dann mehrere kleinere Lichtquellen eingesetzt um die nötigen Lichtreflektionen auf den Objekten zu erzeugen.

Schließlich nutzte Marczewski den Arnold Renderer zum Rendern der Szenen und ließ die Bewegungsunschärfe bereits beim Rendering mit berechnen: „Die Resultate sind so weit überzeugender!“

Cinema 4D Usern, die sich durch diesen Film dazu angeregt fühlen, mit Dynamics zu arbeiten, möchte Marczewski folgendes mit auf den Weg geben: „Einfach rumprobieren und immer weitermachen. Wenn es Spaß macht gewinnt man aus gemeisterten Problemen und funktionierenden Setups eine Menge Befriedigung allein wenn die Dinge so ablaufen wie sie sollen!“

„Viele der Dynamics Videos von Anfängern sehen mir zu glatt aus und ich geben der Ratschlag Augenmerk auf den ‚Reibungs-Faktor‘ zu legen. Ich habe den mit 60 – 80% in der Regel immer recht hoch angesetzt. Ebenso sollte man im Dynamics Tab so oft es geht die Box-Option verwenden. Zwar ist man damit was komplexe Formen angeht sehr limitiert aber nach meiner Erfahrung liefert diese Option die besten Ergebnisse und sogt dafür das Previews immer noch zügig ablaufen. Die Option ‚Bewegtes Mesh‘ nutze ich nur wenn es gar nicht anders geht!“


Alle Bildrechte liegen bei Michael Marczewski.

Michaels neueste Arbeiten sind hier zu sehen: instagram.com/michaelmarczewski

Michael Marczewskis Website: www.michaelm.tv


Author

Steve JarrattCG Enthusiast/Techn. Journalist – Vereinigtes Königreich