Die Kunst des Sehens Optical Arts hinterfragt mittels Computergrafik unsere Wahrnehmung von alltäglichen Objekten.
Eine Frau interpretiert alltägliche Gegenstände - eine Gabel, einen Hocker und einen Becher - neu, nachdem sie in einem Museum eine Gabel als Kunstwerk ausgestellt gesehen hat. Der Kurzfilm "Fork" stammt aus der Feder des Londoner Regisseurs und Designers Fabrice Le Nezet und untersucht, wie sich unsere Wahrnehmung verändert, wenn ein Objekt aus seinem ursprünglichen Kontext gerissen wird.
Der Film entstand in Zusammenarbeit mit einem kleinen Team von Fotografen und Künstlern bei Optical Arts und wurde mit Maya, Houdini, Redshift, Nuke und Flame sowie physikbasierten Simulationen und prozeduralen Setups erstellt.
Wir sprachen mit Le Nezet über Optical Arts und den Entstehungsprozess von Fork, der 2020 bei Vimeo als Staff Pick ausgezeichnet wurde.
Erzähl uns ein wenig über dich.
Le Nezet: Ich habe an der Universität Animation und digitale Regie studiert. Nach meinem Abschluss bin ich nach London gezogen und habe dort etwa 12 Jahre lang für The Mill gearbeitet. Angefangen habe ich als einfacher CG-Artist, ein oder zwei Jahre später habe ich dann begonnen bei Kurzfilmen, Werbespots und Musikvideos Regie zu führen.
Anschließend bin ich zu Riff Raff Films gewechselt, das ist eine Live-Action-Produktionsfirma. Seit etwas mehr als einem Jahr bin ich jetzt bei Optical Arts und es war bisher eine sehr aufregende Zeit, weil wir in dieser Anfangsphase unsere Identität als kreatives Studio definieren können.
Wir sind noch ziemlich klein, lediglich fünf Leute. Zwei Fotografen, ein Flame Artist, ein Retoucher/Designer/Kolorist und ich. Ich arbeite als Regisseur und kümmere mich auch um alles, was mit CG zu tun hat.
Hast du diesen Film als eine Möglichkeit gesehen, zu zeigen, was Optical Arts leisten kann?
Le Nezet: Ich arbeite seit Jahren als Regisseur sowohl für Realfilm als auch für Animation, und ich habe auch viel als Designer und Sculptor an verschiedenen Projekten mitgearbeitet. Mit Fork hat sich mir die Möglichkeit geboten, einen Film zu machen, der alles vereint, was mich interessiert.
Wie hast du das Konzept für Fork entwickelt?
Le Nezet: Ich wollte eine Reihe von Formen untersuchen, bei denen jede Form mit der anderen in Beziehung steht. Ich habe Alltagsgegenstände wie eine Gabel, einen Becher oder einen Hocker genommen und sie in ganz einfache Elemente zerlegt. Anschließend habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was man mit ihnen für interessante Dinge anstellen kann. Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht, mit der Gabel zu arbeiten und verschiedene Formen mit/aus ihr zu entwickeln. Sie ist ein kleines Objekt, das eine ziemlich vollkommene Form hat.
Ich wollte, dass sich die Gabeln wie Tiere bewegen. Einige kurze Animationstests waren auch sehr vielversprechend. Während wir ausprobierten, wie man dynamisch Bewegungen erzeugen kann, stießen wir allerdings auf Probleme bei der Szene, in der sich eine große Menge Gabeln in Fische verwandelt. Die Simulationstools in Maya gaben uns viele Möglichkeiten Dinge in Bewegung zu versetzen, aber die Objekte waren unglaublich schwer zu kontrollieren.
Also stiegen wir auf ein prozedurales Setup in Houdini um, wo wir die Animationen auf Basis von Noises, Kurven und Zufallsattributen erstellen konnten. Das brachte uns auch dazu, zu versuchen, aus den Bechern eine Art Schlange zu machen. Anschließend ging es daran, einen emotionalen Zusammenhang zu schaffen, um eine Geschichte erzählen zu können.
Redshift hat uns dabei sehr geholfen, denn die Anbindung an Houdini war perfekt, so dass ich problemlos experimentieren und immer neue Setups erstellen konnte, um den Look zu entwickeln. Redshift ist nicht nur sehr zuverlässig, es macht es auch möglich, komplexe Sequenzen in kürzester Zeit zu rendern.
Wie habt ihr den Look des Films entwickelt?
Le Nezet: Ich arbeite schon lange im CG-Bereich, aber jetzt arbeite ich mit Fotografen zusammen. Wir unterhalten uns viel über Beleuchtung und darüber, wie sie die Dinge angehen würden, wenn sie sie tatsächlich fotografieren würden. Die Jungs haben einen Großteil ihrer Karriere damit zugebracht, Objekte zu beleuchten und wissen eine Menge über Lichttheorie. Wir haben in unserem Büro auch ein Fotostudio und können einfach hingehen, ein Objekt nehmen und schnell ein paar Licht-Setups machen, nur um zu sehen, wie sie funktionieren.
Wir sind echt froh diese Möglichkeit zu haben, denn das findet man eigentlich eher selten. Anstatt zufällige Tests zu machen, können wir einfach ins Studio gehen und einen Nachmittag lang herumspielen und kleine Details auszutüfteln. Am Ende denke ich dann oft: 'Oh ja, das ist schön. Das würde ich gerne in CG so umsetzen'. Redshift bietet die perfekte Mischung: Eine fantastische Lichtqualität, die ideal für das Rendern von fotorealistischen Szenen ist, und eine Menge Kontrollmöglichkeiten, um Animationen zu rendern.
Bei diesem Projekt haben wir zum ersten Mal mit ACES (Academy Color Encoding System) gearbeitet, was bei der Ausleuchtung großer Innenräume einen unschlagbaren Vorteil bringt. ACES ist ein plattformübergreifender Farbstandard, der uns geholfen hat, unseren Workflow zwischen Houdini/Redshift, Nuke und Flame zu optimieren. Jetzt sind wir in der Lage, auf intuitive und realistische Weise jede Menge Licht in die Szene zu bringen, ohne uns ständig Sorgen machen zu müssen, dass die hellen Bildbereiche ausbrennen.
Dieses Projekt war an sich ziemlich farblos mit einer weißen Wand und einem Betonboden, aber ich wollte auf keinen Fall ein monochromes Ergebnis. Die Farbe entstand durch die Beleuchtung, z.B. durch das Hinzufügen von Farbe zu den Schatten. Das macht alles ein bisschen lebendiger und sorgt für die richtige Stimmung und Atmosphäre. Die Anzahl der Iterationen, die man produzieren kann, ist für mich einer der Schlüsselfaktoren für hochwertige Bilder. Redshift war dabei sehr hilfreich, da es uns die Zeit verschaffte, verschiedene Varianten auszuprobieren und uns mehr auf die kreative Arbeit zu konzentrieren.
Erzähl uns von den Dreharbeiten für die Live-Action-Elemente.
Le Nezet: Wir wollten eigentlich in der ersten Woche des Lockdowns drehen, mussten den Dreh aber gleich wieder absagen. Ich habe sogar eine Version des Films ohne den Charakter entwickelt, weil ich mir nicht sicher war, ob wir überhaupt drehen können würden. Letztendlich konnten wir dann doch einen sehr reduzierten Dreh organisieren, mit nur ein paar Leuten, um alles so sicher wie möglich zu halten.
Wenn wir drehen, bestimmen in der Regel die Realaufnahmen die CG-Elemente, aber in diesem Fall war es umgekehrt. Die Realaufnahmen sind sehr spät entstanden und wir hatten bereits eine Version des Films, die ohne sie auskam. Es war eine nette Erfahrung, dass die fast fertigen Renderings die Richtung vorgaben, in der wir drehen mussten. Ich denke, das hat auch sehr gut funktioniert.
Was für Feedback habt ihr bekommen und werdet ihr weitere Filme machen?
Le Nezet: Auf das Projekt gab es eine Menge großartiges Feedback und es war wirklich schön zu sehen, dass Leute aus ganz unterschiedlichen Bereichen es mögen. Fork war Teil einer Reihe von Projekten, die wir zum Launch der Firma produziert haben. Aber diese experimentellen Arbeiten sind Teil der DNA des Studios, also werden wir auch in Zukunft Kunstfilme machen.