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The Great C: Postapokalyptischer Kurzfilm in VR Secret Location setzen mit der Unreal Engine und Cinema 4D einen Scifi-Klassiker in VR um.

Dank erschwinglicher Standalone VR-Brillen wie dem Oculus Go kann mittlerweile jeder in die virtuelle Realität abtauchen und benötigt dafür keine weitere Hardware. Trotzdem reizen erst wenige VR-Experiences die erzählerischen Möglichkeiten des Mediums wirklich aus. Um diese Nische zu füllen, hat sich das 2008 gegründete Virtual Reality Studio The Secret Location auf die Kombination von modernster VR-Technologie mit traditionellem Storytelling spezialisiert. Dass das Studio sein Handwerk beherrscht, konnte es schon 2015 mit „Sleepy Hollow“ beweisen, der weltweit ersten VR-Experience, die mit einem Primetime Emmy Award ausgezeichnet wurde.

Mit ihrem VR-Kurzfilm „The Great C“ setzten sich Secret Location das ambitionierte Ziel, die erzählerischen Möglichkeiten des Mediums VR noch weiter auszureizen, gängige Standards zu hinterfragen und eine wirklich filmreife VR-Erfahrung zu bieten. Zu Beginn der etwa einjährigen Arbeit an diesem Projekt plante das Team noch eine deutlich interaktivere Umsetzung im Stil eines Spiels, in dem man einen Charakter steuert. Im Laufe der Entwicklung kristallisierte sich jedoch heraus, dass für die sehr Story-getriebene Experience eine filmische Präsentation besser geeignet ist. So entstand die Idee, in einem Kurzfilm die Möglichkeiten der VR-Technologie mit den Mitteln der klassischen Filmproduktion zu kombinieren.

Schau dir hier die ersten fünf Minuten des VR-Films „The Great C“ als 360°-Video an:

Die Story von The Great C basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Philipp K. Dick: Schauplatz der Handlung des VR-Films ist eine postapokalyptische Zukunft, in der die Menschheit nahezu vollständig ausgelöscht wurde. Die letzten Menschen auf dem Planeten leben ähnlich wie Naturvölker in einem kleinen Stamm und werden von einem allmächtigen Supercomputer namens „The Great C“ beherrscht. Jedes Jahr zwingt der Computer den Stamm, einen jungen Mann aus den eigenen Reihen auszuwählen und ihn auf eine verhängnisvolle Reise zu schicken, um „The Great C“ zu beschwichtigen.

Um die Handlung für die VR-Adaption spannender und für ein breiteres Publikum interessant zu gestalten, waren verschiedene Anpassungen an der Story nötig: Da die Literaturvorlage einen eher geringen Umfang hat, erweiterte das Team von Secret Location die Handlung um neue Charaktere und führte zusätzliche Plot-Points ein. Die wichtigste der neuen Figuren ist Grey, ein Cyborg, der als Diener von The Great C dem Protagonisten Tim auf seiner Reise nachstellt und ihn in bedrohliche Situationen bringt. Damit Tim diesem gefährlichen Wesen nicht allein gegenübersteht, begleitet ihn seine Verlobte Claire auf seiner Reise und es kommt zu mehreren Zusammenstößen der drei Figuren. Gleichzeitig nutzte das Team von Secret Location den neuen Charakter Claire, um die Handlung der Vorlage um eine Lovestory zu erweitern. „Für die VR-Adaption der Literaturvorlage war es uns wichtig, die Story dramatischer zu machen und zu verlängern“ sagt Luke van Osch, Producer von The Great C.

Da das Medium VR noch recht jung ist, hatte das Team noch nicht allzu viele Vorlagen für filmische VR-Experiences zur Hand. “Also ließen wir uns von Filmen wie Blade Runner und Alien inspirieren und überlegten uns, wie wir ihre Filmsprache in VR umsetzen können. Anschließend haben wir unsere Theorien immer wieder getestet, um zu sehen, was funktioniert” sagt Andre Otley, Senior 3D Artist bei Secret Location.

Zu diesem Zweck erstellten die Environmental Artists zunächst in Cinema 4D einige der Umgebungen des Films und importieren sie in die Unreal Engine. Anschließend wurde die Wirkung einzelner Szenen mithilfe einer Reihe von nicht am Projekt beteiligter Test-Zuschauer überprüft. Dabei zeigte sich unter anderem, dass Kamerabewegungen für die Zuschauer unproblematischer waren, als erwartet. Also konnte das Team für seine VR-Experience auch filmische Stilmittel wie eine um den Hauptdarsteller rotierende Kamera umsetzen.

Als besondere Herausforderung stellte es sich heraus, die Aufmerksamkeit und Blickrichtung des Zuschauers in VR auf natürliche Art zu lenken, damit er nichts von der Handlung verpasst. Um dem Betrachter eine visuelle Orientierung in der Szene zu geben, setzten Secret Location verstärkt auf Kamerafahrten, achteten darauf, die Handlung immer in einem 180° Winkel vor der Kamera passieren zu lassen und beim Schnitt keine Achsensprünge zu erzeugen. Außerdem verwendeten sie in manchen Einstellungen eine geringe Tiefenschärfe oder Nebel, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers vom Hintergrund einer Szene abzulenken. All diese Maßnahmen waren nötig, damit die Handlung mithilfe von Schnitten gestrafft werden konnte, ohne den Betrachter dadurch zu verwirren.

Die 3D-Pipeline für das Projekt umfasste Cinema 4D, Modo und die Unreal Engine. Einige der Assets wie etwa zerstörte Gebäude oder der Schauplatz des Finales wurden komplett in Cinema 4D gestaltet, andere entstanden in Modo. Vor dem Export in die Unreal Engine importierten die Artists jedoch auch einen großen Teil der Modo-Assets in Cinema 4D, um sie mithilfe der in Release 19 eingeführten Polygonreduktion zu bearbeiten.

„Das wurde im späteren Verlauf des Projekts wirklich essenziell, als die UV-Texturkoordinaten zugewiesen waren und es an die Optimierung ging. Wir konnten so den Polycount reduzieren, dabei die UVs und Formen der Modelle erhalten und sie wieder in Unreal importieren, ohne ihr Aussehen stark zu verändern,“ sagt Andre Otley.

Aufgrund seiner hohen Benutzerfreundlichkeit, der vielseitig einsetzbaren MoGraph-Tools und des prozeduralen Voronoi Fracturing eignete sich Cinema 4D besonders gut zum Zusammenstellen der Umgebungen: Mithilfe der MoGraph-Tools und insbesondere des MoGraph-Kloners verteilten die Artists Gebäude und weitere Assets in der Landschaft, um sie anschließend mithilfe des Voronoi Fracture-Objects zu zerbrechen und so für eine postapokalyptische Stimmung zu sorgen. Auch für die Animation des Logos von „The Great C“ verwendeten The Secret Location auf Voronoi Fracturing.

„Eine der großen Herausforderungen dieses Projekts war es, die schiere Menge an Content zu liefern, die man zum Erzählen einer überzeugenden Story benötigt. Darüber hinaus mussten wir mit einem vielfältigen Software-Toolset arbeiten, um die Artists in die Lage zu versetzen, ihre Arbeit so gut und schnell wie möglich zu erledigen“, sagt Andre.

Wie vielseitig die Rolle von Cinema 4D innerhalb dieses Produktionsprozesses war, zeigte sich auch, als die Arbeit an den meisten Assets und Umgebungen bereits abgeschlossen war: „Gegen Ende des Projekts gab es eine Einstellung, in der einer der Charaktere ein von der Decke hängendes Seil zur Seite schiebt. Das Charakter-Animationsteam hatte Schwierigkeiten damit, diese Bewegung innerhalb des knappen Zeitrahmens in Maya gut aussehen zu lassen. Also konnte sich das Art-Team an der Animation versuchen, da die meisten Umgebungen bereits fertiggestellt waren. Ich wusste, dass es mit ein paar Splines und einem Hair Dynamics Tag in Cinema 4D ganz einfach funktionieren würde. Allerdings wusste ich auch, dass die Animation für die Verwendung in der Unreal-Engine Joint-basiert sein müsste. Und siehe da – es gibt eine „Spline-zu-Joint“ Funktion innerhalb der Charakter-Tools von Cinema 4D! Es hat nicht lange gedauert, eine Version der Animation ans Laufen zu bringen, anzupassen und in die Unreal Engine zu exportieren. Das war ein toller Moment, in dem ich das Gefühl hatte, dass Cinema 4D mich wirklich bei der Content-Produktion unterstützt.“

The Great C ist auf Steam, im Oculus Rift Store und Viveport sowie in einer Version für Samsung Gear VR, Oculus Go und Google Daydream verfügbar.

Secret Location Website
https://secretlocation.com


Author

Sebastian BeckerOnline Editor & Content Manager, Maxon