Magische Geschichten, mit VFX erzählt Barnstorm sprechen über die subtilen und die nicht ganz so subtilen VFX, die sie für "The Order" entwickelt haben.
COVID-19 scheint viele beliebte Serien vorzeitig den Garaus gemacht zu haben. Zu den letzten Opfern gehörte das Netflix Horror-Drama The Order, das Ende letzten Jahres eingestellt wurde. Das Team von Barnstorm VFX in Vancouver arbeitete an der zweiten Staffel der Serie und nutzte Maya, Houdini, Substance Painter, Redshift und weitere Tools, um aufwendige VFX und Effekte zu erstellen, aber auch solche, die so subtil waren, dass sie für die meisten Zuschauer unsichtbar blieben. " Die Serie ist für VFX-Artists sehr cool, weil so viel Magie vorkommt", sagt Gregory Watkins von Barnstorm, der produktionsseitig als VFX-Supervisor verantwortlich war.
Barnstorm VFX wurde 2011 von Cory Jamieson und Lawson Deming gegründet und hat an vielen hochkarätigen Serien gearbeitet, darunter Ted Lasso, The Man in the High Castle, Silicon Valley und Project Blue Book.
Wir sprachen mit Jamieson, Deming, Watkins und Chun Seong Ng, Barnstorms CG-Supervisor, über die Arbeit des Studios an The Order und wie das Team generell an komplexe Produktionen herangeht.
Wie ist Barnstorm entstanden und was macht euer Studio so besonders?
Deming: Cory und ich haben uns kennengelernt, als wir beide unabhängige VFX-Artists waren und zumeist inhouse an TV-Shows gearbeitet haben. Ein paar Jahre später haben wir beschlossen, unsere eigene Firma zu gründen. Wir nannten sie Barnstorm, weil wir bis dahin so etwas wie Stuntpiloten* für Serienproduktionen waren. Wir wollten dieser Zeit in unserem Namen Tribut zollen. Außerdem kommt Cory aus einer Familie von Piloten, also schien es passend, das Thema Luftfahrt zu aufzugreifen.
[* Barnstorming war eine zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA beliebte Form von Kunstflug-Shows]
Als die Firma zu wachsen begann, haben wir ein Büro in Burbank eröffnet. Seitdem sind wir noch einige Male umgezogen, und vor zwei Jahren haben wir zudem ein Büro in Vancouver eröffnet. Ich glaube, wir haben jetzt etwa 80 Leute in unserem Büro in LA und arbeiten an viel größeren TV-Shows, Features und Installationen als früher.
Jamieson: Was uns einzigartig macht, ist, dass wir selbst auf Kundenseite an Serien gearbeitet haben, zusammen mit den Redaktionen. Wir können die Bedürfnisse einer Serie über unsere eigenen stellen und versuchen immer, die Dinge aus der Perspektive der Produktion zu betrachten. Es klingt wie ein Klischee, aber es ist wirklich wahr, und es hat starken Einfluss darauf, wie sich kreative Gespräche mit dem Kunden entwickeln. Wir erkennen an, dass wir nur einen Teil zu einer größeren kreativen Vision beitragen und das, was wir für richtig halten, oder was einen für abgefahrenen VFX-Shot sorgt, nicht zwangsläufig das Beste für die Geschichte ist.
Wie sieht euer Arbeitsablauf aus und wie geht ihr an Projekte heran?
Lawson: Wir sind ständig auf der Suche nach Möglichkeiten, uns zu verändern. Wir haben keine eingefahrenen Arbeitsabläufe und Pipelines, und diese Wendigkeit ist sehr einzigartig. Ich denke, das hat uns geholfen, über unsere Gewichtsklasse hinauszuwachsen und an der Spitze der VFX-Branche zu arbeiten. Was unsere Zusammenarbeit bei Projekten angeht, profitieren wir sehr von unserem kollektiven Wissen. Alle denken, dass die Leute in der VFX-Branche alle Computergenies sind oder so, und dass wir sofort wissen, wie man etwas angeht. Die ernüchternde Wahrheit ist, dass wir sehr viel Zeit in Meetings verbringen, um herauszufinden wie wir etwas umsetzen könnten.
Ng: Es hilft, dass wir kein ganz neue zusammengestelltes Team sind. Gregory und ich kommen aus dem Spielfilmbereich und haben sechs Jahre lang bei einer anderen VFX-Produktion zusammengearbeitet. Außerdem konnte ich einige Teammitglieder aus meinem vorherigen Studio mitbringen, was den Übergang erleichtert hat. Mein CG Lead, Stefan Schneider, und ich haben vor etwa drei Jahren angefangen mit Redshift zu experimentieren und es in die Produktion zu integrieren. Wir waren also zuversichtlich, Redshift gut in unsere neue Pipeline übernehmen zu können. Auch viele andere Firmen in der Stadt nutzen mittlerweile Redshift, was den Austausch von Assets viel einfacher und unkomplizierter macht.
Welche sind eure Lieblings-VFX in der zweiten Staffel?
Watkins: Wir hatten alle unglaublich viel Spaß bei der Arbeit an der Serie, da sie eine gute Mischung aus unsichtbaren und magischen VFX bot. Wir freuen uns, wenn wir so gute VFX liefern, dass der Zuschauer nicht einmal ahnt, dass sie da sind. Es ist aber auch extrem reizvoll, die augenfälligen Effekte zu machen, die man für eine Serie braucht, in der die Protagonisten mit magischen, dunklen Kräften gegen Werwölfe kämpfen.
Unser Team hat jede Folge mit einer Spotting- und Brainstorming-Session mit Ryan Curtis, dem Production VFX Supervisor, und mit Production VFX Producerin Geena Renk angefangen. Üblicherweise hatten die zwei eine ziemlich klare Vorstellung davon, was sie haben wollten, aber manchmal konnten wir gemeinsam an neuen Ideen tüfteln, um einen Effekt noch cooler zu machen. Oft war es eine Mischung aus fotorealer Magie und glühenden, überirdischen Effekten.
In der ersten Folge wird zum Beispiel ein Schüler mit einem Zauber belegt, wodurch er spontan von innen heraus verbrennt. Strahlen aus heißem Licht schießen ihm aus Mund, Nase und Augen. Wir wollten das zunächst als 2D-Shot angehen aber auch die Struktur seines Schädels, des Kiefers, der Muskeln und der Adern richtig sehen. Da wurde schnell klar, dass wir 3D brauchen würden, um den Look weiter zu pushen. Also haben wir einen Schädel und Kopf von der Stange eingebaut und dann einen Scheinwerfer darin platziert.
Das Ergebnis war nicht perfekt, aber mit ein wenig Warping beim Compositing hat es dann geklappt. Mit Redshift wurden zwei Versionen mit Subsurface Scattering gerendert, eine mit dem Schädel und eine ohne, Anthony Peck, der die Szene bearbeitet hat und CG Artist Nikhil Patil haben viel herumexperimentiert. Seltsamerweise sah es besser aus, wenn wir zu Beginn des Effekts die Sichtbarkeit der Augen im Modell ausgeschaltet haben. Sobald der Effekt beginnt, werden die 3D-Zähne und das innere der Wange in grelles Licht getaucht und so durch den offenen Mund sichtbar, den Anthony etwas gewarpt hat, damit er besser zum Real-Footage passt, deutlich sichtbar.
Ein weiteres gutes Beispiel aus Folge eins ist, dass ein Student auf dem Campus in eine Steinstatue verwandelt wird. Die Statue kippt um und zerbricht in Stücke, die von Stein in Fleisch übergehen. Die Produktion hat einen sehr realistischen Dummy gebaut und eine Background-Plate davon gedreht, wie er, zerstückelt in Körperteile, Eingeweide und Blut auf den Boden liegt. Zu dem Zeitpunkt wo wir in die Sequenz schneiden, ist der Student bereits größtenteils zu Stein geworden und man sieht die Statue dann aus verschiedenen Blickwinkeln.
Da die Serie in 4K produziert wird, wollten wir sicherstellen, dass ein hoher Detailgrad gewährleistet ist und der gewünschte Look erreicht wird - weißlicher Alabaster mit der richtigen Menge an marmorierten Adern. Die Produktion hat uns Fotoreferenzen des Schauspielers in der Pose der Statue zur Verfügung gestellt, die das Team dann in Maya, ZBrush und Substance Painter modelliert, gesculpted und texturiert hat.
Da der Shot am Ende auf die Dummy-Statue übergeht, mussten wir eine vernünftige Übereinstimmung mit der Kleidung und dem grundlegenden Look des Protagonisten erreichen. Wir haben die Shader und Beleuchtung in Redshift gebaut, was uns dank dessen unglaublicher Rendergeschwindigkeit die Möglichkeit gab, oft und schnell zu iterieren, um Turntable-Renderings und Test-Comps für Ryan zu bekommen, und den Look immer weiter an die Vorstellungen der Produktionsfirma anzunähern.
Ng: Für die Staub-Simulation, wenn die Statue zerbricht, haben wir Houdini eingesetzt. Die größte Herausforderung war, dass sich die Statue wieder in eine Person verwandeln musste, sobald die Magie nachlässt. Anstelle von Steinteilen sieht man dann überall diese Real-Props von den Körperteilen. Es war eine ziemlich blutige Angelegenheit und wir mussten einiges von Hand animieren und mit der Simulation mixen, damit der Übergang zum gedrehten Material funktioniert.
Gibt es noch andere Szenen, über die ihr gerne berichten möchtet?
Watkins: Für Folge 4 wurden wir gebeten, die Vision einer zukünftigen apokalyptischen Welt zu entwerfen, die den College-Campus aus der Serie ersetzt. Die Aufnahme beginnt mit nach unten geneigter Kamera und fokussiert auf eine Bronzetafel, die halb vergraben in windgepeitschtem Dreck, Steinbrocken und Knochen liegt. Es ist erkennbar, dass es sich dabei um ein Denkmal aus der Serie handelt, damit die Zuschauer wissen, dass es sich um den Campus handelt. Der Moment wird durch den Fuß eines Werwolfs namens Silverback verstärkt, der ins Bild stapft und sich umschaut, bevor er davonläuft.
Aufgrund der imaginären Natur der Umgebung, haben wir die Szene komplett digital gemacht. Wir starteten mit Concept Artworks, um sicher zu gehen, dass wir die Vorstellungen von Ryan treffen. Unser CG Artist, Sang Myeon Park, hat Referenzfotos und Google Maps verwendet, um die grundsätzliche Topologie der Umgebung und das Layout der Hauptstrukturen in Maya anzulegen.
Wir wussten, dass alles hinter der Klippe mit einem Matte Painting umgesetzt werden kann, aber um sicherzustellen, dass es in die gleiche Richtung geht wie der Rest der digitalen Szene, wurden die grundlegenden Strukturen und die Landschaft in Redshift beleuchtet und gerendert. Das Rendering diente dem Mattepainter als Grundlage, mit der er die Details und die Atmosphäre in Blender und Photoshop fertigstellen konnte. Das Matte Painting wurde in Nuke auf die ursprüngliche Geometrie projiziert und mit der Shot-Kamera gerendert, so dass es mit dem Rest der CG zusammenpasst.
Die Menge an Polygonen, die nötig war, um all diese Details zu erreichen, war aberwitzig, aber Redshift hat sie wie ein Champion gefressen. Wir waren oft in der Lage, neue Versionen von Renderings noch am selben Tag auf unserer bescheidenen lokalen GPU-Farm an den Compositing Artist zu schicken. Wenn es die Produktion verlangt, können wir leicht auf Amazon Cloud Rendering skalieren, was wir manchmal auch tun, aber mit einem Dutzend Grafikkarten und der Geschwindigkeit von Redshift ist das oft unnötig.
Woran arbeitet ihr gerade?
Aktuell arbeiten wir an mehreren Projekten: Staffel zwei von Netflix' Another Life, Big Sky für ABC und CWs Superman & Lois.