Hyperrealer Surrealismus in 3D image

Hyperrealer Surrealismus in 3D In The Shrewd Awakening werden Alltagsgegenstände auf unerwartete Weise seltsam.

Die Materialien, welche Peter Tomaszewicz in seinen Arbeiten verwendet, haben eine Schärfe, die einen dazu verleitet, die sich ständig verändernden Objekte und Elemente in seinen Animationsfilmen anfassen zu wollen. Von überraschenden architektonischen Transformationen in States of Matter über Stoff-Formen in Silent Aesthetics bis hin zu textilem Federkleid in Sharp, der Station ID für BBC2 - hyperreale Elemente bestimmen seine freien und kommerziellen Arbeiten. Ergänzt durch surreale Handlungen ergibt sich eine Sammlung spielerischer Gedankenexperimente, in denen detailversessen gerenderte Materialien, Texturen und Formen sich entwickeln, verwandeln und metamorphosieren.

Sein jüngster Animationsfilm, The Shrewd Awakening, ist eine lebhafte Zurschaustellung dieses hyperreal-surrealistischen Stils. Es ist zudem eine kreative Zusammenarbeit zwischen Peter Tomaszewicz und Christiana Perdiou, die aus dem Modedesign kommt und sich mit Textilien und 2D-Collagen beschäftigt. Der mit Hilfe von Cinema 4D, Houdini und Redshift entstandene Film ist eine spielerische visuelle Exploration unmöglicher Beziehungen und Verbindungen, die die beiden als hyperrealen Surrealismus beschreiben, denn „genau das tun wir, indem wir reale Objekte in seltsame und unerwartete Formen mit faszinierenden Verhaltensweisen transformieren“, erklärt er. „Das ist es, was uns beide interessiert, und mit Cinema 4D waren wir in der Lage, das auch visuell umzusetzen.

Tomaszewicz' Entwicklung zu diesem Stil begann an der University of the Arts London, wo er Grafik- und digitales Mediendesign studierte, bevor er begann, sich mit Musik und Sounddesign zu beschäftigen. Irgendwann zog es ihn dann zu Motion Graphics. „Die Tatsache, dass sich die Technologie seit meinem Studium weiterentwickelt hat, hat mir wirklich geholfen“, erinnert er sich. „Als ich Cinema 4D für mich entdeckte, war ich überrascht, wie einfach es im Vergleich zu anderen Programmen war, die ich bis dahin ausprobiert hatte.“

Er etablierte sich schnell als Designer und Art Director, indem er freiberuflich für renommierte Kreativagenturen und Studios arbeitete. Er war jedoch ständig auf der Suche nach kreativer Freiheit und entschied sich deshalb letztlich dafür, als selbständiger Artist zu arbeiten. „Ich war schon immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und wollte mich weiterentwickeln. Die meisten meiner Arbeiten sind eine Mixtur aus Dingen, die ich mag und die mir Spaß machen, Skulptur, Kunst, Grafikdesign, Fotografie - was immer mir ins Auge fällt“, erklärt er.

Perdiou teilt diese kreative Sensibilität. Mit einem Abschluss in Modedesign und einer Karriere in Mode-PR und -Vertrieb hat ihre Leidenschaft für Textildesign zu einem kontinuierlichen Experimentieren mit Mustern, Farben und Geometrie geführt, meist in Form von 2D-Collagen. Begeistert von der Möglichkeit ihren Arbeiten mit Cinema 4D eine dritte Dimension hinzufügen zu können, hat Perdiou mit Tomaszewicz an mehreren Projekten zusammengearbeitet. Dazu gehört Trapped Summer, ein visueller Diskurs über die Verwendung von Kunststoffen, der durch die von Perdiou hinzugefügten Elemente einen humorvollen Touch bekommt.

„Ich habe Peter vor einigen Jahren kennen gelernt und er hat mich in die Welt der Motion Graphics eingeführt“, erinnert sie sich. „Ich konnte zuschauen, wie meine flachen Collagen durch Motion Design plötzlich lebendig wurden. Das war wirklich aufregend. Seitdem hat er mich immer wieder ermutigt, mich mehr auf mein Interesse an Kunst, Malerei und Skulptur zu konzentrieren.“ Wenn sie gemeinsam an Kunstfilmen arbeiten, beginnt das meist damit, dass sie sich ein Konzept ausdenken und Moodboards erstellen, die neben den endgültigen Farbpaletten und Texturen zeigen, was sie im Film darstellen wollen. Inspiriert werden sie meist durch Artikel, die sie online finden, Dokumentarfilme, soziale Medien - oder durch einen neuen Künstler, den sie entdeckt haben.

„Wir nehmen die Objekte, die wir inspirierend fanden, und verwenden sie auf eine Art und Weise, die nicht ihrem eigentlichen Zweck entspricht. Darum nennen wir es hyperrealen Surrealismus", erklärt Tomaszewicz. Sobald er neue Versionen von C4D und Houdini in die Finger bekommt, stellt er sich die Aufgabe, damit surreale Geschichten zu erfinden und zu entwickeln, wobei er gelegentlich den eigentlichen Zweck eines Features ignoriert, um herauszufinden, was man damit noch alles anstellen könnte.

Im Verlauf des Projekts entwickeln sie Ideen und realisieren diese zunächst als 2D-Collagen, wobei Peter manchmal auch direkt in 3D arbeitet. Sobald sie einige Entwürfe ausgearbeitet haben, breiten sie sie nebeneinander aus und entwickeln sie weiter, bis sich eine stimmige Geschichte daraus ergibt. Letztlich kommt alles zusammen, sobald Tomaszewicz an den finalen 3D-Szenen arbeitet und Perdiou dazustößt, um die Farben und Texturen fertigzustellen.

Das Konzept des Films basiert auf ihrem Wunsch etwas „völlig freies und unbegrenztes“ zu schaffen, erklärt Tomaszewicz. Die Idee dahinter war, alltägliche Dinge zu verwenden, um eine spielerische, humoristische Handlung und eine visuelle Richtung zu entwickeln, die es dem Betrachter erlaubt, seine eigene Interpretation zu finden. Perdiou begann mit Style Frames in Photoshop, während Tomaszewicz in Cinema 4D schnelle Mockups baute. Sie verglichen ihre Arbeiten anschließend und stellten fest, dass sie sowohl bei der Ästhetik der Collagen als auch beim Compositing-Stil auf der gleichen Wellenlänge waren.

Da es nicht das Ziel war, seine 3D- oder Modeling-Fertigkeiten zu beweisen, wurden die 3D-Elemente der Szenen entweder von Tomaszewicz in Cinema 4D gebaut oder von Quixel, TurboSquid und anderen Online-Marktplätzen zugekauft. Dadurch hatte das Duo mehr Zeit, um sich auf die visuell spannenden Kompositionen zu konzentrieren. „Die einzelnen Style Frames schaffen keine offensichtliche Rahmenhandlung, es gibt keine Figuren oder eine klare Storyline“, erklärt er. „Es geht einzig darum, das Auge mittels Motion Design von Punkt A nach Punkt B zu leiten.“

Nachdem das grundsätzliche Design, die Farben und Texturen geschaffen waren, machten sie sich darüber Gedanken, wie sich die Elemente verbinden ließen, wie der Eindruck vermittelt werden konnte, dass sie zusammengehören und wie sich dynamische Kompositionen entwickeln konnten, die im Schnitt gut funktionieren. Diese Strategie gab dem Film eine starke visuelle Kohärenz und stellte gleichzeitig sicher, dass er das „Fest für die Augen“ wurde, welches die Künstler beabsichtigt hatten. „Es ging stark darum, was gut aussah und sich richtig anfühlte“, erklärt er und fügt hinzu, dass etwas auf diese Art zu entwickeln sich in etwa anfühlt, wie zufällige Objekte in einer Galerie so zu arrangieren, dass ihre Position im Raum stimmig wirkt.

Um den Animationen ein natürliches und verspieltes Aussehen zu geben, nutzte Tomaszewicz den Alembic Import in Cinema 4D. Dieser erlaubte es ihm, das Timing der Animation zu verändern und die Geschwindigkeit der Bewegungen optimal abzustimmen. Bei den Schuh- und Spaghetti-Szenen des Films nutzte er zum Beispiel Houdini, um die Schnürsenkel zu simulieren und importierte die Simulation über Alembic nach Cinema 4D, fügte sie dort zu den anderen Elementen hinzu und animierte die komplette Szene.

Vom Erfolg von „The Shrewd Awakening“ bestärkt, setzten Tomaszewicz und Perdiou ihre Zusammenarbeit fort und haben kürzlich ihren neuen Film „The New Sleek“ veröffentlicht. Vordergründig eine Entdeckungsreise durch Architektur und Innenarchitektur, spiegelt der Film auch ihr Interesse an hyperrealistischen und gleichermaßen surrealistischen Bewegungen wider. Was sie an diesen Kunstprojekten besonders lieben ist, dass sie ihnen nicht nur erlauben, ihre Fähigkeiten weiter zu entwickeln, sondern gleichzeitig dazu herausfordern, komplexe Ideen kreativ umzusetzen und Geschichten zu entwickeln, die abseits des Alltäglichen liegen. „Ohne die individuellen Möglichkeiten auszuschließen, die wir unabhängig voneinander haben“, sagt Tomaszewicz, „versuchen wir auch, unsere Bedeutung als kreatives Netzwerk in der Branche zu stärken.


Author

Helena Corvin-SwahnFreiberufliche Autorin – Vereinigtes Königreich

Beide Künstler lieben es, Alltagsobjekte in etwas Unerwartetes zu verwandeln.