Vom Leguan zum Drachen: Die Verwandlung eines Haustiers in eine 3D-Figur Der Artist Alexey Kashpersky setzt ZBrush ein, um seinen Leguan Tamerlan naturgetreu nachzubilden.
Der preisgekrönte Artist Alexey Kashpersky ist in der Ukraine aufgewachsen und hat sich auf wissenschaftliche und medizinische Visualisierungen spezialisiert. 2016 erlangte er in der ZBrush-Community Bekanntheit, als er den offiziellen ZBrush-Award in der Kategorie "Image of the Year" für sein Artwork Reptile Queen gewann.
Heute lebt Kashpersky in den USA und ist Creative Director bei der Agentur Dagr Nott & Associates (DNA), die sich auf VFX, wissenschaftliche und medizinische Animation sowie AR/VR spezialisiert hat. Wir sprachen mit ihm über seine medizinischen Animationen, seinen berühmten Leguan und wie er ihn mit ZBrush in für seinen Science-Fiction-Kurzfilm Dragon and Me in einen Drachen verwandelt hat.
Bitte erzähl uns mehr über dich und deinen Weg in die 3D-Branche.
Kashpersky: Ich war schon immer ein Träumer mit einer Leidenschaft für die Natur. Mein Studium ermöglichte es mir, im Laufe der Zeit von einem Träumer zu einem Kreativen zu werden. Ich verbesserte meine Fähigkeiten im klassischen Zeichnen und in der Bildhauerei sowie in der 3D-Grafik, so dass ich 2006 meinen ersten Job als 3D-Sculpting-Artist bekam. Schon bald konnte ich mein Hobby zu einem Vollzeitjob machen und wurde später Artist für Wissenschaft und Mikrobiologie.
Die Arbeit als Creative Director bei DNA passt gut zu mir, da ich mich schon immer für Biowissenschaften und Biologie interessiert habe. Ich habe immer gerne Biologiebücher für Schüler gelesen, die zwei bis drei Jahre älter waren als ich.
2013 zog ich in die USA, nachdem ich mit einer Visualisierung des Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) einen internationalen Wettbewerb zum Welt-AIDS-Tag gewonnen hatte. ZBrush spielte eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der Virus-Charaktere, und diese Arbeiten wurden in mehr als 30 Zeitschriften und Büchern auf der ganzen Welt abgedruckt. Der Sieg bei diesem Wettbewerb hat mir viele Türen geöffnet und ich habe viele Angebote bekommen.
Dein Leguan Tamerlan taucht oft in deiner Arbeit auf. Erzähl uns mehr über ihn.
Kashpersky: Drachen und Dinosaurier sind meine große Leidenschaft, und als Kind war ich immer als "der Dinosaurier-Typ" bekannt. Leguane kommen diesen majestätischen Urzeittieren am nächsten. Sie sind Wildtiere, aber man kann sie auch als Haustiere halten. Meinen ersten Leguan bekam ich, als ich in der Ukraine lebte, aber ich musste mich von ihm verabschieden, als ich in die USA gezogen bin, weil man solche Tiere nicht im Flugzeug mitnehmen darf.
Es war eine schwere Entscheidung. Ich habe ihm das Kunstwerk "Reptile Queen" gewidmet und fühle mich immer noch wie ein Verräter. Jahre später verlor ich meinen Job und beschloss, mit meinem Geschäftspartner ein eigenes Studio für medizinische Animationen zu gründen, das Jahre brauchte, um erfolgreich zu werden. Außerdem hatte ich ein gesundheitliches Problem, das eine sehr komplizierte und teure Operation erforderte, und mein allgemeiner Gemütszustand war zu diesem Zeitpunkt nicht gerade gut.
Da ich spürte, dass mir ein Haustier gut tun würde, kaufte ich meinen Traumleguan Tamerlan. Er ist ein Albino, was bedeutet, dass er größtenteils blind ist, und da ich damals selbst körperlich angeschlagen war, glaube ich, dass wir dadurch eine viel stärkere Bindung aufbauen konnten, als man erwarten würde.
Dein Instagram-Account "Dragon and Me" hat über 370.000 Follower.
Kashpersky: Ja, ich habe den "Dragon and Me"-Account aus Spaß gestartet und habe ihn nicht als etwas ernsthaftes gesehen. Aber schon bald folgten uns Tausende und Abertausende von Menschen täglich und ich habe gemerkt, dass ich gute Energie, Wärme und positive Gefühle mit den Menschen teile, wenn ich meine Interaktion mit Tam online stelle!
Erzähl uns von deinem Projekt.
Kashpersky: Ich arbeite an einem Kurzfilm, der ein Märchen für Erwachsene im visuellen Stil von Frank Frazetta und Boris Vallejo ist, aber auch Sci-Fi-Flair hat. Es ist eine Geschichte über einen Mann, der plötzlich auf ungewöhnliche und übernatürliche Dinge stößt und eine Entscheidung treffen muss, die sein ganzes Schicksal beeinflussen wird. Der Drache wird eine Nebenfigur und ein Begleiter sein, und der Schwerpunkt des Films liegt auf der Beziehung zwischen Drache und Mensch.
Mir schwebt etwas Lebensnahes und Realistisches vor, aber es wird trotzdem magisch und einzigartig sein. Das Wichtigste ist die Geschichte, die den Betrachter berührt, so dass er hoffentlich etwas in sich selbst findet und sich in den Helden hineinversetzen kann. Das ist mein Ziel.
Das Drehbuch ist fertig und ich habe angefangen, mit einem Komponisten an der Musik zu arbeiten. Ich bin stolz darauf, meine Stärken mit Künstlern aus anderen Bereichen zu kombinieren, um ein einzigartiges Erlebnis zu schaffen. Es wird magisch werden!
Dank des Sponsorings von Maxon konnte ich meine Ersparnisse aufstocken und bereits einige Szenen filmen, darunter auch einige Drohnenaufnahmen, die essenziell sind, wenn man einen Film über einen Drachen dreht. Die ersten vier Minuten sind bereits gedreht und der Look gefällt mir bisher sehr gut.
Ich arbeite auch an einer sehr komplexen Szene, in der der Drache buchstäblich aus dem Wasser auftaucht. Ich habe noch nie zuvor Wassersimulationen gemacht, und das war eine interessante Erfahrung.
Wie war dein ZBrush-Workflow beim Modellieren des Drachens?
Kashpersky: Das Modell richtig hinzubekommen, war von Anfang an eine große Herausforderung, denn ich wusste, dass ich weder das Budget noch die Manpower haben würde, um die komplexen Nahaufnahmen zu bewältigen, in denen der Drache mit einem Menschen interagiert.
Die Szenen, in denen die Kreatur auf einem Menschen sitzt oder auf dessen Schulter landet, sind am zeitaufwändigsten und teuersten. Meine Lösung bestand darin, Realaufnahmen von meinem Leguan für die Großaufnahmen und mein 3D-Drachenmodell für den Rest der Szenen zu verwenden.
Nach 10 Monaten Modellierung in ZBrush anhand von 300 Referenzfotos ist das resultierende 3D-Modell dem echten Tier so nahe wie nur möglich. Ich habe in meiner Freizeit wie besessen daran gearbeitet, alle kleinen Details und Nuancen meines Leguans zu erfassen, um eine digitale Nachbildung zu erstellen, die dem echten Tier so nahe wie möglich kommt.
Es war so intensiv, dass meine Frau fast vergessen hat, wie ich aussehe. Aber sie war verständnisvoll und respektierte meine Hingabe und mein Ziel. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. Wenn mir jetzt jemand schreibt, dass es das detaillierteste 3D-Modell eines Leguans der Welt ist, ist das alles, was ich hören muss.
Was kannst du uns sonst noch über die Produktionspipeline erzählen?
Kashpersky: Ich habe einen ganzen Raum in meinem Haus, in dem ich Green-Screen-Aufnahmen mache, die ich dann in 3D tracken und mit Unreal-Engine-Umgebungen zusammenführen werde. Es wird keine Produktionsqualität sein, aber gut genug, um das zu erreichen, was ich will.
Wir haben das Modell fertiggestellt und arbeiten derzeit an einer Bibliothek mit Animationen und einfachen Bewegungen. Ich bin auch dabei, einen Workflow für die Kombination von 3D-Material und Realvideos von der Kamera und meiner Drohne zu entwickeln. Außerdem arbeite ich an einer Nebenhandlung, die als Serie von YouTube-Kurzfilmen, aber auch im Rahmen einer längeren Geschichte in der Zukunft Sinn macht.
Wer arbeitet noch an dem Projekt, und wie kann man bei der Finanzierung helfen?
Kashpersky: Ohne die Hilfe meiner Freunde und Kollegen wäre ich mit diesem Projekt nie so weit gekommen. Meine Frau, Elena Kashpersky, ist der 2D Artist des Projekts. Was die Unterstützung angeht, möchte ich Alex Riazanov, Paris Hall, Loucas Rongeart, Marcus Ottosson und Dan Katcher danken. Truong hat beim Rigging geholfen. Olha Parchuk und Jason Snyman stellten ihre Animations-Skills zur Verfügung. Samuele Vona ist der Komponist und Jonathan Symmonds ist Geschäftsführer und Mitbegründer der Sophoria Academy.
Schließlich bin ich allen sehr dankbar, die unser Projekt auf Patreon und als Abonnenten auf Instagram unterstützt haben. Euer Glaube an meinen Traum ist eine unschätzbare Motivation für mich.
Sebastian Becker ist Senior Writer bei Maxon.