Finanzen sind visuell unattraktiv? Nicht wirklich! The Mill sprechen über die Story und das Design hinter ihrem 3D-animierten Spot für Bloomberg.
Für einige Projekte sind knallige Motion Graphics der perfekte Weg. Manchmal muss visuell jedoch mehr dahinter stecken. So auch kürzlich, als Bloomberg The Mill beauftragte, einen 30-Sekünder für Interactive Brokers zu produzieren, eine Maklerfirma, die Kunden auf der ganzen Welt bedient.
Basierend auf dem Briefing von Bloomberg entwickelten Mike Schaeffer, Head of Design bei The Mill, und Senior Designer Wendy Eduarte Briceno, die als Art Director verantwortlich war, eine Storyline, die die lange Geschichte von Interactive Brokers herausstellt und gleichzeitig von einer traditionellen Zeitleiste abweicht. Mit Cinema 4D, After Effects und Redshift erzählen sie die Geschichte des Maklerunternehmens klar, modern und abstrakt.
"Ursprünglich wollten sie eine Zeitleiste verwenden, um zu zeigen, wie Interactive Brokers sich über die Jahre entwickelt hat. Aber Wendy und ich haben schon eine Million Zeitleistenprojekte gesehen, also wollten wir etwas anderes machen. Etwas das sich anfühlt wie eine Timeline, aber keine ist", erklärt Schaeffer, der bei dem Spot Regie geführt hat.
Das Herzstück des Spots war ein tragbares Gerät, das Thomas Peterffy von Interactive Brokers 1983 in der Finanzwelt eingeführt hat. Das Gerät, für das Peterffy eigene Software entwickelte, gilt als Wegbereiter für den modernen digitalen Handel. Für Schaeffer und Briceno stellte sich nun die große Frage, wie man dieses Retro-Gerät mit der Bildsprache der heutigen High-Tech-Handelswelt in Einklang bringt.
"Wir wussten lange Zeit nicht einmal, wie das Gerät aussieht, und letztlich haben wir auch nur ein Bild von der Vorderseite bekommen, also hatten wir nicht viel als Referenz", erklärt Schaefer. The Mill arbeitete sehr eng mit der Bloomberg-Agentur Bloomberg Creative Studio zusammen und erhielt so die Erlaubnis, das Gerät nur sehr kurz zu zeigen und sich beim Rest des Spots kreative Freiheiten zu nehmen.
Die Entwicklung der Story und des Looks
Um von Anfang an eine reibungslose Kommunikation zu gewährleisten, erstellte das Team von The Mill ein Storyboard für den gesamten Spot und renderte ihn in Cinema 4D, bevor das Projekt in Angriff genommen wurde. Das macht Schaeffer bei den meisten Projekten so, damit jeder sehen kann, was funktioniert und was nicht, bevor viel Zeit dafür investiert wird.
Um dem Spot den gewünschten Hauch von Geschichte zu verleihen, beginnt der Spot mit einem ikonischen Symbol der Finanzkommunikation, dem Börsenticker. Die Idee entwickelte sich im Laufe der Zeit, als Briceno mit Dingen wie perforiertem Papier herumspielte und überlegte, wie eine Laufrolle verwendet werden könnte, um die Entwicklung des Handels zu illustrieren. „Wir haben zunächst darüber nachgedacht, das Tickerband leer zu lassen. Nach längeren Gesprächen mit dem Kunden wurde uns aber klar, dass die Zahlen auf dem Band ein wichtiger Aspekt sind und beibehalten werden mussten, bis wir uns dann einer abstrakteren Technologie zuwenden“, sagt Briceno.
„Redshift war für uns zu Beginn des Projekts das perfekte Werkzeug, um die Haptik des Tickerband-Materials zu testen“, fährt sie fort und erklärt, dass das Team dadurch in der Lage war, die Texturen und Farben des Papiers sowie die Transluzenz und die Art, wie die Tinte in das Material eingeprägt ist, schnell zu testen. Das Basis-Setup für den anfänglichen Look wurde während des gesamten Produktionsprozesses beibehalten und kontinuierlich verbessert und auch bei der Animation und beim finalen Rendering eingesetzt.
Den Look des Spots richtig hinzubekommen, war in mehrfacher Hinsicht herausfordernd, insbesondere die "weiße Welt", in der das Stück spielt. Weiße Welten sind zwar oft ein Synonym für Minimalismus und Modernität, aber sie können auch steril oder matschig wirken, wenn man das nötige bisschen Grau nicht genau richtig hinbekommt. „Was die Artdirektion angeht denke ich, dass Beleuchtung und Texturen in einer weißen Welt viel ausmachen“, sagt Briceno. „Selbst das Hinzufügen einer zusätzlichen Ebene mit ‚irgendwas‘ kann genau den Hauch von Wärme bringen, den die weiße Welt braucht.“
In diesem Fall verwendete Briceno ein paar zusätzliche Lichter auf den Tickertape-Rollen, um den richtigen Weißton zu erreichen. Da man sich auf nur drei oder vier Farben beschränken wollte, haben sie und Schaeffer viel darüber nachgedacht, wie man Farben strategisch einsetzt und dabei das Spiel von Licht und Schatten miteinbezieht.
Abstraktion strategisch eingesetzt
Obwohl Bloomberg ursprünglich vorgeschlagen hatte, eine Aufnahme der New Yorker Skyline einzubauen, fand Briceno, dass der Spot mit abstrakten Bildern besser funktionieren würde. „Diesen Teil auszuarbeiten, hat mir am meisten Spaß gemacht“, erinnert sie sich, „weil ich verschiedene Ideen ausprobieren konnte, die die Storyline unterstützen, den Spot aber gleichzeitig auf eine verspielte Art zusammenhalten.“
Letztendlich entschied sich das Team für die Idee von Briceno, in C4D eine abstrakte Stadt zu erstellen, die in ein Diagramm übergeht, das wie rote und grüne Stabkerzen aussieht und die Tools des Kunden auf einem Laptop darstellt. Mit einer Kombination aus MoGraph und handanimierten Kurven wurden die Stadt und die Elemente des Balkendiagramms vor- und rückwärts animiert, um den Übergang zur Bloomberg-Software nahtlos zu machen.
Der Spot endet damit, dass sich der Laptop in ein Tablet und schließlich in ein Telefon verwandelt, das die Benutzeroberfläche von Interactive Brokers zeigt. Alle drei Geräte sind absichtlich nicht identifizierbar, um dem Spot ein Gefühl der Zeitlosigkeit zu geben. Die Darstellung der Benutzeroberfläche auf verschiedenen Plattformen verdeutlicht zudem die Vielseitigkeit der Tools dieses Kunden.
In seiner endgültigen Form geht der Spot weit über das ursprüngliche Briefing des Kunden hinaus, und sie waren sehr zufrieden mit dem Ergebnis. „Man würde nicht wirklich erwarten, dass ein Projekt für einen Finanzdiensleister aus der Sicht eines Designers interessant sein könnte, aber es hat funktioniert, weil Bloomberg so ein großartiger Partner war und während der gesamten Produktion wirklich eng mit uns zusammengearbeitet hat“, sagt Schaeffer.