Launiges Charakterspiel Ein Charakter als Projektionsfläche für Gemütszustände: Matthias Ries hat diese Idee in einen Kurzfilm verpackt und hierfür nach kurzer Einarbeitung mit Cinema 4D ein komplexes Modell animiert.
In seinem Designstudium hatte Matthias Ries den Schwerpunkt auf den Bereich Illustration gelegt. Ein Kurs zum Thema Storyboarding und viele Kommilitonen, die bereits mit 3D-Software arbeiteten, weckten sein Interesse daran. Dann wurde an der FH Münster ein Kurs zum Thema „Charakterdesign in 3D“ von Professor Wenzel Spingler gehalten, der Matthias Ries das Thema näher brachte. Ein weiterer Kurs zum Thema Charakteranimation und Rigging, den Dozent Arndt von Koenigsmarck anbot, vermittelte Ries die notwendigen Grundlagen für ein eigenes Projekt.
Nach dem etwas intensiveren „Blick über den Zaun" entschloss sich Matthias Ries, die Entwicklung eines kurzen Filmprojekts, in dem ein digitaler Charakter auftreten sollte, zu seinem Semesterprojekt zu machen. Lange machte sich Ries Gedanken um den Charakter für das Projekt. Die Figur entwickelte sich über verschiedene Zwischenstadien hinweg vom eiförmigen Wombat hin zu einer Marionette mit Glockenkopf. Im Charakter der Marionette verarbeitete Matthias schließlich seine eigene stete Unruhe und die Suche nach innerer Ausgeglichenheit.
Nachdem die Idee auf dem Papier stand, setzte sich Ries daran, die Figur in Cinema 4D zu modellieren und zwar so, dass das Modell allen folgenden Anforderungen beim Animieren genügen würde. Zu diesen Anforderungen gehörte unter anderem auch, dass die Öffnung der Glocke selbst in der Lage sein musste, sich via Morph Target zu verformen, ohne die Kugelform dabei zu beeinträchtigen. Auch die Knie der langbeinigen Figur und ihr Mantel bedurften spezieller Aufmerksamkeit: Bei den Knien galt es, diese so zu gestalten, dass sie auch in angewinkeltem Zustand vernünftig aussahen und Matthias Ries’ speziellen Zeichenstil entsprachen. Der Mantel wiederum konnte durch seine glockenartige Anmutung nicht mit einer Stoffsimulation realisiert werden, die darüber hinaus auch nicht das gewünschte Maß an Einflussnahme bei der Animation ermöglicht hätte. Hier entwickelte Matthias Ries deshalb ein eigenes Bones-Setup.
Auch den restlichen Charakter hatte Matthias Ries mit einem selbst entworfenen Rigg ausgestattet und animiert. Dass er erst auf den aktiven Erfahrungsschatz von ca. einem halben Jahr zurückblicken konnte, stellte keinen Hinderungsgrund dar und in Arndt von Koenigsmarck und Professor Spingler standen ihm kompetente Lehrer und Ansprechpartner für alle Fragen bezüglich des Projektes zur Verfügung. Zudem stellt Matthias Ries fest, „habe ich Cinema 4D als eine Software kennengelernt, die sich bereitwillig erlernen lässt, während so manches andere Programm Einsteigern empört Widerstand leistet!“
Tatsächlich habe er alles was er wissen musste dann gelernt, wenn er es tatsächlich für das Projekt brauchte, „On the Fly“ wie es im Englischen so schön heißt. So erzählt Matthias Ries zum Beispiel, wie er das Non-Lineare Animationssystem kennen gelernt hat: „Da bin ich ganz zufällig drauf gestoßen, als ich mit der Animation meines ersten Walkcycles beginnen wollte. Ich habe gemerkt, dass es nützlich wäre und daraufhin einen Tag eingeschoben, um mich mit dem System soweit vertraut zu machen. Mit dem Know-how des einen Tages war ich in der Lage, den Walkcycle in mehreren Motion Clips zu speichern, um diese dann auf die Figur in einer anderen Datei zu übertragen und dort mit anderen Bewegungen zu mischen.“
Mitunter hat Ries diese Arbeitsweise einiges an Nerven gekostet, weil ihm an vielen Stellen einfach die Erfahrung fehlte und er auch so manchen Anfängerfehler machte. Mitunter rutschte sein ganzer Zeitplan einen Tag nach hinten, weil er gerade wieder etwas Neues in Cinema 4D entdeckt hatte, das nützlich und lernenswert war. „Aber im Endeffekt bin ich so zu einigermaßen effizienten Arbeitsabläufen gekommen, mit denen ich die Zeit letztendlich wieder eingeholt habe. Das erwies sich immer dann als besonders sinnvoll, wenn später irgendwas kaputt ging und ich es reparieren musste.“
Nachdem alles modelliert, animiert und in Szene gesetzt war, renderten sechs vernetzte MacPros aus Matthias Ries’ Fachbereich die Animation. Bei Renderzeiten zwischen 6 und 10 Minuten pro Bild waren die Einzelbilder nach sechs Tagen fertig und die Festplatte des Servers randvoll. „Unser Admin stellte freundlich aber bestimmt fest, dass dies so nicht ginge, da ich den Rechner mit meiner externen Festplatte blockierte“, erinnert sich Matthias Ries.
Das Compositing der in Ebenen gerenderten Animation erfolgte dann in After Effects und als letztes Element des Kurzfilms wurden die Geräusche eingespielt. In der Wohnung eines Freundes wurden mit einem tragbaren Aufnahmegerät die verschiedenen Instrumente aus der Wunderkiste des Schlagzeugers des örtlichen Blasorchesters ausprobiert.
Das Resultat eines runden halben Jahres an Entwicklung, Planung und Arbeit und einer gleichzeitigen Einarbeitung in Cinema 4D kann sich sehen lassen und die Reaktionen sind durchweg positiv. „Ich habe 3D-Grafik in meinem Studium bisher bewusst nicht zu einem Schwerpunkt gemacht, aber jetzt, wo ich Cinema 4D kennengelernt habe und weiß was man damit machen kann, werde ich es für zukünftige Projekte sicher wieder verwenden!“